QI in Corona-Zeiten aus Sicht der MQI-Mitmacher*Innen
Wir haben inzwischen die ersten Wochen einer weltweiten Ausnahmezeit durchlebt. Kaum ein anderes Thema hat so intensiv und lange die Schlagzeilen dominiert.
Wir hier in QI sehen das, zum Glück, nur aus der zweiten oder dritten Reihe. Einige von uns haben hier ihre Eindrücke geschildert:
Armin: Nachdenken über Corona
Für einzelne Personen und Familien ist die Quarantäne aufgrund SARS-CoV-2 problematisch; für Vereine und Ehrenamtler ist die ungewollte Auszeit aufgrund der Pandemie jedoch ebenfalls eine schwierige Zeit. Sportliche Aktivitäten sind z. Zt. nur sehr eingeschränkt möglich – Mannschaftssport überhaupt nicht, Tennisplätze, Fitness-Studios o. ä. sind gesperrt, also bleiben nur noch Walken und Joggen.
Für gemeinnützige Vereine die sich nicht primär über Mitgliedsbeiträge, sondern eher über Gagen finanzieren, wie es beim Musikverein „Blau-Weiss“ Quadrath-Ichendorf 1972 e.V. der Fall ist, droht eine Katastrophe. Als Musikzug, der zahlreiche Schützenfeste begleitet, fallen mit den vielen erzwungenen Absagen der Schützenvereine bzw. ihrer Schützenfeste auch die entsprechenden Umzüge aus. Damit wirkt sich Covid-19 dieses Jahr auf die jahrhundertealte, historisch gewachsene Kultur aus – nicht nur in dieser Region.
Gemeinschaftliche Proben finden seit Mitte März nicht mehr statt. Allerdings ist für ein Blasorchester – wie für jedes andere Orchester auch – dieses Trainieren des Zusammenspiels unbedingt erforderlich. Nicht umsonst werden vereinsseitig neben den Proben fürs Große Orchester und der Mixed Band auch Registerproben durchgeführt.
Andere gemeinnützige Institutionen wie das deutsche Jugendherbergswerk (DJH) haben ebenfalls Probleme. Wir haben bereits unser erstes Probewochenende in Manderscheid absagen müssen, hoffen aber auf unser zweites dort. Derartige Einrichtungen scheinen ebenfalls von der Politik vergessen zu werden. Welche Folgen dadurch für den Bildungsbereich entstehen, kann ich nicht beurteilen.
Aber auch diese eingeschränkte Zeit wird früher oder später beendet sein!
Armin Krieger
Bernd: Corona, eine Zeit des Nachdenkens. Was ist bei mir herausgekommen?
- Ich bin privilegiert. Habe kein Geschäft, das vor der Pleite steht. Kein Unternehmen kann mich entlassen oder auf Kurzarbeit setzen. Habe keine alten Eltern, die ich nicht sehen darf. Keine Kinder, die im Homeschooling Unterstützung brauchen.
- Ich weiß aber um die Sorgen vieler Menschen. Einer meiner besten Freunde ist Schauspieler, alle Vorstellungen sind ausgefallen. Seine Einnahmen: Null. Seine Miete läuft weiter. Wie lange kann er das durchhalten?
- Das Virus macht keinen Unterschied zwischen Arm und Reich. Die Konsequenzen sind aber für die verschiedenen Sozialschichten sehr unterschiedlich. In den USA sind Schwarze und Latinos sehr viel mehr betroffen, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht: Wer schwarz ist und arm, stirbt sehr viel schneller.
- Ich sehe aber auch einen ungeheuren Ausbruch an Kreativität. Die Zahl der witzigen Filme, die ständig über WhatsApp aufs Handy flattern, ist immens. Theater zeigen ihre Vorstellungen kostenlos online. Kleine Buchhandlungen liefern vor die Haustür. Lady Gaga organisiert ein Achtstunden-Event mit den Stars des Musik-Business, die aus ihrer Wohnung streamen. Selbst die steinalten Rolling Stones machen mit und Paul McCartney mit brüchiger Stimme. Und alle bedanken sich bei den Held*innen der Corona-Krise.
- Die CO2-Emissionen und andere Umweltzerstörungsfaktoren sind massiv zurückgegangen. Durch die Kanäle meiner Lieblingsstadt Venedig fließt plötzlich sauberes Wasser. Flugzeuge bleiben weltweit am Boden, der Himmel ist leer. Die Umwelt atmet einen Moment lang auf.
- Aus alldem resultieren meine Wünsche:
- Wenn es um Leben und Tod geht, darf der soziale Status keine Rolle spielen – mehr soziale Gerechtigkeit muss her!
- Das „Immer mehr, immer billiger, immer schneller“ ist keine Naturgewalt – wir können und sollten uns einschränken!
- Die Solidarität der Menschen in der Krise ist grenzenlos – und sollte es nach der Krise bleiben!
Bernd Woidtke
Dieter: Meine Gedanken zu Corona
- Uns haben die Beschränkungen schon Anfang März in Frankreich getroffen. Viel gravierender als wir das hier kennen: Nicht „nur“ Kontaktverbot, sondern generelle Ausgangssperre! Bei JEDEM Verlassen des Hauses musste aufs Neue in einem Formular mit Adresse und Unterschrift festgehalten werden, aus welchem der nur 4 zulässigen Gründe wir gerade draußen sind.
Ansonsten: Haus oder Garten. Mit ungewohnt gespürter Stille: Strände und Dünen gesperrt, leeres Dorf, leere Landstraßen, leere Autobahn. Wir waren beeindruckt, wie diszipliniert die Franzosen, von denen de Gaulle sagte „Ein Land das 300 Sorten Käse herstellt, ist eigentlich nicht regierbar“ diese Auflagen praktiziert haben. Daran gemessen, leben wir noch relativ frei. Allerdings merkt man in der jetzt 6. Woche immer stärker, dass die sozialen Kontakte zu Familie und Freunden fehlen. - Gleichzeitig sieht man, dass – ökonomisch gesehen – unser Land tief gespalten ist. Bei uns geht der Riss mitten durch die Familie. Eine Tochter in Kurzarbeit, der anderen sind als Selbstständige 70% der Einnahmen weggebrochen. Meine Frau und ich sind dagegen als Rentner privilegiert, ebenso der Schwiegersohn als Beamter. Unsere Einkommen laufen – egal was kommt – ungeschmälert weiter.
- Spontanes Träumchen: Wie wäre es, wenn z.B. die zum 1. Juli angekündigte Rentenerhöhung von gut 3 % ausgesetzt würde, oder die Beamten in diesem Jahr einmalig auf ihr 13. Gehalt (= ca. 8 % der Jahresbezüge) verzichten? Als Solidarbeitrag zugunsten der staatlichen Fördermittel für die finanziell gebeutelten Mitbürger/innen bzw. zur Wiederbelebung der am Boden liegenden Wirtschaft. Spinnerte Idee! Schnell wieder aufwachen…
- Auch gefestigte Vorstellungen von Macht und Stärke geraten plötzlich ins Wanken: In God we trust? Aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten sehen wir Bilder, die man bisher nicht für möglich gehalten hätte: Massengräber in New York, 25 Mio neue Arbeitslose innerhalb von 4 Wochen, Kranke ohne jegliche Versicherung und Versorgung und endlose Autoschlangen vor der kostenlosen Lebensmittelausgabe. Ich bin gespannt, ob nach dieser Krise eine umfassende Arbeitslosenversicherung und eine generelle gesetzliche Krankenversicherung in den USA von der Mehrheit immer noch als „Sozialismus pur“ abgelehnt werden.
- Krisen bringen immer das Schlechteste und das Beste im Menschen zutage. Da ist auf der einen Seite das infame Abfischen der Förderanträge für die notleidenden Kleinselbstständigen, um die Gelder auf betrügerische Konten umzuleiten. Und auf der anderen Seite erleben wir in der Gesellschaft eine ungeheure Kreativität und Hilfsbereitschaft: Privat organisierte Einkaufshilfen, (auch bei uns zu Hause) Nähen von Schutzmasken für den gesamten Freundes- und Bekanntenkreis, Online-Theater und -Oper, Konzerte und Gottesdienste im Autokino und vieles mehr. Das alles bringt nicht nur Abwechslung in den zwangsläufig etwas eintönig gewordenen Alltag, sondern es macht auch Mut und Hoffnung, dass uns allen von diesem Engagement und dieser praktizierten Solidarität auch nach der Krise vielleicht ein gutes Stück erhalten bleibt."
Dieter Sauer
Gabi:
Corona - Drabble
„Corona ist nen scheiße Typ, den haben wir hier gar nicht lieb.
Der macht uns alle ganz schön krank, die Arbeit ruht, Kontakt gebannt.
Doch wenn wir alle ganz brav sind, ob Oma, Opa, Mama, Kind,
dann treiben wir ihn aus Deutschland raus - wir wollen ihn nicht in unserem Haus.
Kontaktverbot - Desinfektion, wir kriegen dich, du Hurensohn.
Auch wenn zurzeit die Arbeit ruht, Geschäft geschlossen, Kulturverbot.
Keine Schule, Kindergarten, der Tierpark kann auf Gäste warten.
Das Wetter ist uns aber holt, die Sonne scheint für uns wie Gold.
Wir schaffen es mit frohem Mut, unterm Regenbogen wird alles gut.“
Gabi Wejat-Zaretzke
Harald:
Nach den letzten Jahren der Anspannungen und zahlreichen Aufgaben, kommt mir persönlich die Zwangsruhe schon eher vor wie ein Zwangsurlaub. Für mich eine Phase des Herunterkommens und Besinnung auf das Wichtige in meinem Leben. Dabei freut es mich ungemein, dass so viele Mitmenschen ihre positiven Lebenseinstellungen mit wenigen Worten und Gesten zum Ausdruck bringen. Mein großer Wunsch: unsere Welt möge sich nach einem solchen Gewitter auch etwas reinigen.
Harald Bous
Jennifer: Meine Corona-Hitliste
Ich probiere in dieser Zeit viele neue Dinge aus. Zum Beispiel koche ich jeden Tag neue Rezepte, versuche mich an Meditation oder Hand Lettering und habe auch Podcasts* für mich entdeckt.
Am Sonntag hörte ich den Podcast „Fest und Flauschig“ mit Jan Böhmermann und Olli Schulz. Darin haben die beiden eine Hitliste dessen aufgestellt, was sie in der aktuellen Situation überhaupt nicht vermissen. Ich fand das eine wunderbare Idee, die aktuelle Ausnahmesituation in einem positiven Licht zu sehen. Dadurch lässt sich der eigene „normalen“ Alltag auch mal dahingehend hinterfragen, was einem eigentlich ziemlich auf die Nerven geht. Und vielleicht daraus auch Rückschlüsse zu ziehen, was man gern anders machen möchte, wenn wir in die NACH-Corona-Phase eintreten.
Hier kommt meine Hitliste zum Thema:
Welche Dinge habe ich in den letzten Wochen nicht vermisst?
- Morgens und abends auf der A4 im Stau zu stehen.
- Small Talk mit Kollegen: „Die letzten Wochen war es ja sehr trocken.“ - „Stimmt, aber Ende der Woche soll es nochmal Regen geben, haben sie in den Nachrichten gesagt.“
- Das Essen in der Betriebskantine: Ich sage nur Schweinenackensteak mit Meerrettich-Sauce für 2,50 €?!
- Mich jeden Tag zu schminken: Das bedeutet aktuell 15 Minuten länger schlafen 😉
- Terminmarathon: „Ja, wir könnten uns in 3 Wochen treffen, aber ich kann nur Samstag um 16 Uhr auf einen Kaffee, weil um 18:00 Uhr bin ich bei einem Geburtstag eingeladen.“
Ich würde euch gern animieren, eure persönliche Hitliste aufzustellen. Sofern euch das nur ein klein wenig hilft, dann habe ich mein Ziel erreicht. Ansonsten könnt ihr euch auch gerne über meine Liste lustig machen, wenn euch das eher hilft oder eben Podcasts hören, kochen oder eure Liebsten anrufen.
Bleibt gesund und bis bald!
Jennifer Hopp
Michael:
Kurz vor der Rente - nun ja - es sind noch ein paar Jahre, wenn alles gut geht. Da kann man sich schon mal im Homeoffice darauf einstellen mit weniger Kolleginnen und Kollegen in Kontakt zu treten. Dank der aktuellen Situation und der Fürsorge meines Unternehmens hat man uns grade noch rechtzeitig nach Hause geschickt, bevor uns ein Kollege im Großraumbüro anstecken konnte. Keine Sorge es geht ihm wieder besser und mir geht es auch soweit gut. Was wiegt jetzt schwerere, der fehlende Kontakt auf der Arbeit oder nicht mehr eine Stunde im Stau zu stehen? Ich würde fast sagen, es ist noch besser im Stau zu stehen, als nicht mehr mal für paar Minuten ein Schwätzchen zu halten. Deshalb meine Empfehlung nutzt das Telefon und pflegt eure Kontakte.
Michael Hölzemer
Susanne:
Ich habe seit Beginn der Corona-Krise keinen Beitrag mehr für m-qi.de geschrieben, das Thema Corona ist so präsent in allen Medien, dass mir meine kleinen Berichte über die Vereinsaktivitäten und Quadrichs Blick ins Wörterbuch zu belanglos erschienen. Inzwischen frage ich mich jedoch, ob das nicht gerade in dieser Zeit richtig und wichtig wäre.
Die Medien berichten im Minutentakt über die neuesten Zahlen und Maßnahmen in der Corona-Krise, man könnte fast meinen, die restliche Welt steht still. Der Amoklauf in Kanada am Montag hat auf besonders traurige Weise gezeigt, dass es auch noch Meldungen ohne den Begriff Corona gibt, die ihren Platz in den Nachrichten verdient haben.
In meinem privaten Umfeld geht das Leben weiter, mein Vater hat den ersten von drei geplanten Eingriffen am Herzen zum Glück gut überstanden, unser Neffe hat seiner Braut in einer sehr kleinen Feier das Ja-Wort gegeben, weil die jungen Leute nicht wegen der großen Feier sondern wegen ihrer Liebe und der gemeinsamen Zukunft heiraten wollten, mein Mann kann und darf wie gewohnt seiner Arbeit nachgehen, unsere Tochter sehnt den Tag heran, wenn sie das Homeoffice verlassen und endlich wieder ihre Kinder und die Kolleginnen in der Kita sehen kann und Quadrich steht am Fenster und wartet sehnsüchtig darauf, wieder über das Leben in Quadrath-Ichendorf berichten zu können.
Als Harald Bous mit der Idee an unsere Redaktion heran trat, unsere ganz persönlichen Gedanken in der Corona-Krise auf m-qi.de zu veröffentlichen, wurde mir erst bewusst, wie sehr ich den Austausch mit den anderen „ Redaktionellen „ und die Treffen im Gleis11 vermisse. Der Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen von Tierparkverein und Budgetbeirat läuft auch nur noch über Whatsapp oder Mail. Es wird sicher noch lange dauern, bis wir uns wieder bei Konzerten und sonstigen Veranstaltungen sehen werden und vermutlich werden diese Treffen anders sein, als wir es gewohnt waren. Der Händedruck oder die Umarmung zur Begrüßung, das enge Beisammensitzen auf einer wackeligen Bierzeltbank und das gemeinsame Schunkeln und Singen werden irgendwann wieder möglich sein. Aber werden wir das dann auch völlig unbeschwert tun oder bleibt in den Köpfen die mahnende Stimme, die uns zuflüstert „ Denk an die Corona-Pandemie, achte auf den nötigen Abstand! „?
Diese Zeilen zu schreiben, hat mal wieder gut getan, danke für den Anstoß! Quadrich und ich werden uns nun endlich wieder das Wörterbuch vornehmen und ich bin gespannt, welcher Begriff uns da anlachen wird. Bis dahin, bleibt m-qi.de treu und achtet auf Euch und Eure Mitmenschen.
Susanne Winand