oben-quer_2021.png
mein-qi.jpg - copy
oben-quer_gleis11.png - copy
winter.jpg - copy
fruehjahr.jpeg - copy
winter_2.jpg - copy
april.jpg - copy
fruehjahr_2.jpeg - copy
menschen.jpg - copy
mai.jpg - copy
oben-quer_bierdeckel_2024.png

quichotte3 klQuichotte – ein Großmeister der Kleinkunst!

Kleinkunst? Hört sich irgendwie abwertend an. Meint aber Comedy, Kabarett, Poetry Slam und andere Bühnendarstellungen, die mit wenigen Mitteln auskommen. Auch Kleinkunst kann große Kunst sein!

So wie bei Quichotte, der am 22.9.19 in Gleis11 gastierte. Begrenzte Mittel? Zwei Gitarren, drei Mikros, eine Loopstation. Auf der Bühne: Quichotte, als Jonas Klee 1983 in Köln geboren, und Florian Fehling, Gitarrist, und zwar ein sehr guter.

Fangen wir mal mit ganz großem Kaliber an: Wer glaubt, Comedy sei leichte Muse, man lacht sich schlapp, geht nach Hause und hat schnell alles wieder vergessen, der hat nicht mit Quichotte gerechnet. Ja, man lacht sich schlapp, aber es bleiben die philosophischen und moralischen Gedanken hängen, denn Quichotte ist ein großer Moralist. Sein letzter Text am Abend, „Das Orchester“, ist eine herzergreifende musikalische Tour d’Horizon durch eine sich nach Frieden sehnende Welt der Klänge, der Instrumente, des Zusammenspiels, des Zusammenwachsens der Welt. Die letzten Sätze hallen lange nach: „Deutschland, das ist dein Konzert, ein Kammerspiel in Dur. Die Hoffnung ist ein Dirigent und Mut die Partitur.“

Migration und Integration tauchen als Themen in seinem Programm immer wieder auf. Die Story vom syrischen kölschen Büdchenchef, der Kümmerling trinkt („ein Akt der Überintegration!“), und Francesco, dem schwulen Italiener, die sich beschweren, wenn Quichotte 10 Minuten zu spät zur Verabredung kommt („Du bist der wahre Kanake!“) ist aufklärerisch und umwerfend komisch.

quichotte2krone kl

Herausragend auch seine Marcel Reich-Ranicki-Parodie: Er lässt den Literaturpapst eine banale Krimi-Erzählung mit dem Detektiv „Spürhoden“ (ja, auch dieses Niveau erreicht Quichotte mit Leichtigkeit) meisterhaft rezensieren, einschließlich gekonntem Lispeln.

Seine Figur „Knolle“ begegnet uns immer wieder: Ein Freund aus Kindertagen, der sich mit 14 das Auto seiner Mutter „lieh“, die Tanke ansteuerte, um sich ein Überraschungsei zu holen. Den Einwand, er müsse doch einen Führerschein haben, kontert er geistreich: Entweder man kann fahren oder man kann es nicht. Du musst doch auch nicht deine Geburtsurkunde vorzeigen, um zu beweisen, dass du lebst, oder? Entwaffnende Logik. 

Einer der Höhepunkte der Show: „Freestyle“. Zuschauer*innen schreiben Begriffe auf, Quichotte improvisiert dazu. Kleine Aufgabe: Probieren Sie das mal zu Hause, und zwar mit diesen Begriffen: Berlin – Knoblauch-Döner – Zwillinge – Seismograph – Fliesenlegermeister – Hemdblusenkragen – Zinkbadewanne – Liebe – Waldpilzcrèmesuppe. Schwierig? Nicht für Quichotte. Unter dem aus dem Publikum zugerufenen Oberthema „Beim REWE“ und unter Zuhilfenahme einer Loopstation, eines nichtvorhandenen Klaviers und einer ebenso wenig existierenden Harfe erfand er eine Geschichte, die auch dem/der Letzten die Lachtränen in die Augen trieb. 

Florian kl

Quichotte ist Schauspieler, Sänger, Rapper, Gitarrist, Texter, alles auf höchstem Niveau, er ist zu sympathischer Selbstironie fähig („Meine Frisur? Eher Schulhofecken als Geheimratsecken...“), und er ist auf erfrischende Weise nicht sonderlich geschäftstüchtig: Er hatte nur drei Exemplare seines Buches „Klingelstreiche im Niemandsland“ dabei – die Nachfrage überstieg das Angebot bei weitem!

Ein Highlight in Gleis11! Quichotte hatte schon im Mai als Moderator bei „BergReim – Auf ein Wort/Poetry Slam in Gleis11“ mitgewirkt. Ihn jetzt solo mit seinem kongenialen Partner Florian Fehling zu erleben, war ein Genuss! Auf seiner Website kann man sich eine Reihe Videos ansehen, Songs hören und seine zukünftigen Termine checken. Und falls Sie Schwierigkeiten hatten, über die genannten Begriffe zu improvisieren – Quichotte bietet Workshops zu kreativem Schreiben, Poetry Slam und Rap an! Viel Erfolg!

Fotos

Bernd Woidtke