„Hier ist Ischen-Dorf !!!“
Ne, ne, ne …, welch ein Glück, dass die Welt sich ändern kann.
Eigentlich müsste diese Erkenntnis ans Ende dieser kleinen Geschichte. Sie liegt nun mal auf der Seele – und muss raus.
Fangen wir von vorne an. Es war ein schöner Frühlingstag Mitte der 1980er Jahre. Genauer bekommen wir das im Moment nicht bestimmt. Meine hochverehrte Gemahlin, wir nennen sie daheim liebevoll „Hatzi“, war zur damaligen Zeit recht emsig und half vielen Kindern beim Lernen.
Wir wohnten noch in Zieverich. Hatzi wollte sich mit anderen Lernhelferinnen in Quadrath-Ichendorf treffen. Irgendwo bei einer Kirche. Das blanke Chaos war vorprogrammiert. Hatzi ist von ihrem Naturell her nicht prädestiniert, sich etwas aufzuschreiben. „Für was habe ich ein tolles Gedächtnis?“
Mit ihrem Stolz der damaligen Zeit, einem neuen 3-Gang-Fahrrad, 28 Zoll, machte sie sich auf den Weg in das geheimnisvolle Quadrath-Ichendorf. Aus unserer Sicht ein Wohngebiet außerhalb bekannter Normen. Geheimnisvoll halt eben. So, als ob man hinter dem Martinswerk in einen Nebel des Unbekannten eintaucht und froh sein konnte, wenn man dahinter wieder komplett heraus kam.
Naja, so war das damals mit unserer persönlichen Wahrnehmung.
Hatzi also mit dem Fahrrad auf der Suche nach dem Versammlungsort in QI. Ja, wo soll das denn sein? „Irgendwo bei der Kirche.“ Soweit ihre Gedächtnisinhalte.
Also radelte sie, bis sie eine Kirche sah. Nach heutiger Recherche müsste es sich um die Heilig-Kreuz-Kirche gehandelt haben. Nur war da niemand, den sie kannte.
Wer konnte ihr helfen? Ein kurzer Blick links und rechts ließ Hoffnung aufkommen. Dort drüben auf der anderen Straßenseite war eine Kneipe. Das war das damalige Eckhaus an der Sandstraße, welches später zur Moschee umgebaut wurde. Heute gibt es dieses Gebäude nicht mehr. Heute entsteht an dieser Stelle die neue Moschee. Ja, wie die Zeit vergeht …
Unsere heldenhafte Hatzi ging mutigen Schrittes auf die Kneipe zu. Wenige Meter vor der Tür flog eine ordentliche Portion Nasensekret durch die Tür an ihr vorbei bis auf die Straße. Weltrekordverdächtig. Leider etwas ekelig.
„Hurra, hier gibt es Menschen.“ wird sich unsere Heldin gedacht haben und betrat mutig die Kneipe. Dort fragte sie mit ihren höflichsten Worten den Herren auf dem Barhocker, der offensichtlich die frische Luft an dem Eingang genoss: „Haben wir hier in Quadrath noch eine andere Kirche?“
Wahrscheinlich hatte Hatzi diesem Herrn den Tag veredelt. Dieser machte ein etwas grimmiges Gesicht und antwortete etwas robust: „Hier ist nicht Quadrath !!! Hier ist Ischen-Dorf !!!“
Das half zwar unserer Hatzi nicht, ihren Treffpunkt zu finden, sorgte aber dafür, dass sie beleidigt den Heimweg antrat.
Diese kleine Anekdote hat sich in ihr Gedächtnis tief eingebrannt.
Wie das Leben so spielt, hatten wir wenige Jahre später einen dicken Möbelwagen in der Sandstraße entladen, leben nun 30 Jahre hier und fühlen uns sehr wohl. Der geheimnisvolle Nebel ist schon längst verflüchtigt. QI hat sich prächtig entwickelt. Freiwillig wollen wir nicht mehr weg.
Ironie der Worte: hier in Ichendorf heißt das Einkaufseldorado „QUADRA-Park“. Nicht vorstellbar, wenn man ihn „Ichen-Park“ genannt hätte.
Hatzi & H. Bous